Donnerstag begann der Kongress
„SWISSMEDIAFORUM”.
Er trägt auch hat den richtigen Namen, denn die vier veranstaltenden Medienkonzerne Ringier, NZZ, Tamedia und CH-Media, die zusammen mit dem öffentlich-rechtlichen Radio und Fernsehen SRF morgen im Konzert- und Kongresszentrum in Luzern „KKL” ihren Selbstbeweihräucherungskongress abhalten, beherrschen die Schweizer Medienlandschaft absolut flächendeckend.
Der Blick ins Programm der Veranstaltung stimmt allerdings mehr als nachdenklich.
Zu den prominenten Rednern an diesem Kongress gehört an erster Stelle die Schweizer Bundesrätin und Finanzministerin Karin Keller-Sutter, die für die von ihr auf Kosten der Schweizer Steuerzahler organisierte Rettung der Großbank „Credit Suisse” gemäß Mehrheitseigentümer des CH-Media Medien-Konzerns Peter Wanner vom Parlament kein Misstrauensvotum, wie effektiv geschehen, sondern eine „standing ovation” verdient hätte.
Ein anderer Redner ist der neue Boss der mittlerweile absolut gigantischen Schweizer Großbank UBS, Sergio Ermotti, dieser Bank, die im Jahr 2008 ebenfalls vom Schweizer Staat gerettet werden musste. Ein anderer Redner ist Roberto Cirillo, der CEO der Schweizer Post, deren Bank, die PostFinance, den Zahlungsverkehr mit Kuba wegen der unter Donald Trump verschärften Sanktionen der USA gegen Kuba kurzerhand einstellte und, so die Antwort auf eine Medienanfrage bei der PostFinance, auch heute noch „Einschränkungen” freiwillig einhält.
Und natürlich werden auch die CEOs und/oder VR-Präsidenten der vier Medien-Konzerne die Gelegenheit nutzen, sich hautnah beklatschen zu lassen: Unter ihnen Pietro Supino, VR-Präsident der TX Group, Lyceum-Alpinum-Schulkamerad von CS-CEO Ulrich Körner (Schulgeld pro Jahr ab 89.000 Franken aufwärts) und Verwaltungsrat auch der italienischen Mediengruppe Gedi, die ihrerseits im Besitz des Agnelli-Clans ist. Unter ihnen, den Rednern und Rednerinnen des Kongresses, auch Pascale Bruderer, die ihre erfolgreiche politische Karriere bei den Sozialdemokraten bis zur Parlamentspräsidentin mit einem VR-Sitz des Medienkonzerns TX Group eingetauscht hat.
Und auch der erfolgreichste Schweizer Werber Dennis Lück wird auf der Rednerbühne stehen, vermutlich ohne Jackett, damit man seine beiden farbig zutätowierten Arme bewundern kann – so ein richtiger „Simpatico”…
Aber was ist denn die politische Komponente dieses Kongresses? Klar, die Ukraine muss erneut hochgejubelt werden: durch die geladene ukrainische Botschafterin Iryna Venedikova, die gemäß Kongress-Programm nach der Schweizer Finanzministerin Karin Keller-Sutter die erste Rednerin des Kongresses sein wird. Und gleich danach hat der ukrainische Propagandist Dmitri Masinski das Wort, der mit seiner Plattform wartranslated.com darauf spezialisiert ist, ukrainische Verlautbarungen ins Englische zu übersetzen, damit sie weltweit verstanden und befolgt werden.
Eine mediale Überraschung?
Nicht wirklich. Denn das SWISSMEDIAFORUM wurde vor ein paar Jahren initiiert von CH-Media-Chefredakteur Patrik Müller, dessen historische These bekanntlich die ist, dass der „Wendepunkt” des Zweiten Weltkrieges der D-Day am 6. Juni 1944 in der Normandie war. Ob mangelnde historische Kenntnisse oder willentliche Geschichtsverfälschung, bleibe dahingestellt. Es darf einfach nicht mehr wahr sein, dass es die Rote Armee war, die Europa von den Großmacht-Plänen Adolf Hitlers befreit hat – mit rund 27 Millionen Kriegsopfern auf sowjetischer Seite, die Hälfte davon Zivilisten. Aus heutiger Medien-Sicht müssen die US-Amerikaner diese Helden gewesen sein – mit weltweit gerade mal 400.000 Kriegsopfern, ausschließlich Militärangehörige, keine Zivilpersonen.
Der ganze Anlass im KKL wird de facto aus Baden im Aargau gesteuert. Im siebenköpfigen Verwaltungsrat der 2015 gegründeten „SwissMediaForum AG” sitzen drei Mitglieder aus Baden: Präsident ist Prof. Dr. Andreas Binder, Sohn des ehemaligen CVP-Ständerates Julius Binder. Dann natürlich Patrik Müller, der Initiant des ganzen Kongresses. Und eben auch sein Chef, der CH-Media-Verleger Peter Wanner. Mit Unterschrift zu zweien können Peter Wanner und Patrik Müller zusammen beliebig schalten und walten. Und der Sitz der SwissMediaForum AG und die Geschäftsstelle dieses Unternehmens sind ebenfalls in Baden.
Aufmerksame Medienbeobachter wissen natürlich, dass die ganze CH-Media-Gruppe von Verleger Peter Wanner am 19. März 2022 mit einem Leitartikel auf der Frontseite seiner regional-übergreifenden Samstag-Ausgabe klare Vorgaben erhalten hat: „Der Westen muss klare Kante zeigen.” (Die Headline in der Online-Ausgabe dieses Leitartikels ist leicht anders.) Und in Zeiten des personellen Abbaus in allen Zeitungsredaktionen haben verständlicherweise alle letztlich ihm unterstellten Mitarbeitenden die Message verstanden. So wird redaktionell stramm mitmarschiert, mit fast täglichen Artikeln über den Krieg in der Ukraine, alle auf den Informationen aus Kiew und eines hingeschickten Berichterstatters basierend, der auch nur die ukrainische Seite kennt. Aber natürlich mit keinen Informationen über die Vorgeschichte dieses Krieges, über den von den USA mitorganisierten Putsch auf dem Maidan im Jahr 2014, über die seit 2015 andauernden Beschießungen des Donbass durch die ukrainische Armee, über die Interoperabilität der ukrainischen Armee mit den NATO-Truppen und so weiter und so fort. Und kein CH-Media-Mitarbeiter wagt es, für Verhandlungen der Kriegsparteien zu plädieren. Dieser Krieg muss auf dem Schlachtfeld gewonnen werden, so wie es der EU-Außenminister Josep Borrel gefordert hat und immer wieder fordert.
Keiner der vier großen Schweizer Medienkonzerne hat eine differenziertere Sicht, die Schweizer Medienlandschaft ist zur vollkommenen Gleichschaltung der Meinungen verkommen: Russland – und auch die Russen! – böse, die Ukraine ein demokratisches Land, das die „europäischen Werte” verteidigt. Wär’s nicht zum Weinen, es wäre zum Lachen.
Und so hat auch der morgen beginnende Kongress im KKL in Luzern zwei Ziele: die Selbstbeweihräucherung der Schweizer Medienmoguln und die Verherrlichung der Ukraine, die der neoliberalen Wirtschaft zuliebe unverdeckt nach der US-Geige tanzt, möge sie noch so viele eigene Kriegsopfer liefern müssen.
Wer dieses widerliche Schauspiel in Luzern selbst miterleben wollte, um sich im Kreis der Medien-Prominenz eventuell auch ein Stück Bekanntheit abschneiden zu können, bitte: Mit einem Eintrittspreis von 990 Schweizer Franken – inklusive „Medien-Dinner” im Luzerner Grand Hotel National – waren Sie dabei!
Quelle: Nachdenkseiten.de
Bilder: Swiss Media Forum – Wir machen die neue Realität – Pixabay – ArtTower
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